Der Herkules - ein "schlafender Riese"
Bild: Stadt Kassel/ Vermessung und Geoinformation
Für Georg Dehio war der Bergpark über der Residenz „das Grandioseste, was irgendwo der Barock in Verbindung von Architektur und Landschaft gewagt hat“. Weit mehr als die Hälfte der 200 Millionen Euro, die das Land Hessen für Sanierungsmaßnahmen und die Neuordnung der Museumslandschaft zur Verfügung stellt, fließen in Europas größten und schönsten Bergpark, der inzwischen Teil des UNESCO-Welterbes ist. Bis 1966 war der Herkules mit einer Straßenbahn erreichbar, dann fiel sie dem automobilen Zeitgeist der 60-er Jahre zum Opfer.
Bild: Michael Schwab/ Förderverein Neue Herkulesbahn Kassel e.V.
Die Verbindung von Wasserspielen mit Kunstwerken während der documenta 12: Hier zeigte sich einmal mehr das touristische Potenzial des Bergparks. Entlang der Kaskaden präsentierte der Künstler Allan Sekula großformatige Fotos. Stellen Sie sich vor, es hätte die Herkulesbahn schon gegeben: Wie viel mehr Menschen wären am Friedrichsplatz in die Straßenbahn gestiegen und bis zum Herkules gefahren, hätten den traumhaften Blick über die Stadt genossen, wären hinunter zum Schloss gelaufen - um anschließend bequem mit der Linie 1 zurück in die Stadt zu fahren. Kassel mit allen Sinnen zu erleben, geht eben viel besser und entspannter mit der Straßenbahn.
Bild: Michael Schwab/ Förderverein Neue Herkulesbahn Kassel e.V.
Eines der vielen Attraktionen des Bergparks ist das von Johann Conrad Bromeis 1822 errichtete Gewächshaus, das im Winter mit seiner Blütenpracht lockt - oder wie hier mit nächtlicher Illumination.
Bild: Michael Schwab/ Förderverein Neue Herkulesbahn Kassel e.V.
wirdUrsprünglich wollte Landgraf Wilhelm IX. nur einen romantischen Bergfried mit zerfallener Mauer und einen Wasserfall als persönlichen Zufluchtsort bauen lassen. Tatsächlich entstand am Ende eine Burg, die als Museum diente. Die Löwenburg wird für mindestens 28 Mio. Euro saniert.
Bild: Michael Schwab/ Förderverein Neue Herkulesbahn Kassel e.V.
Veranstaltungen wie das Höfisches Gartenfest am 31. Mai 2008 locken Tausende in den Bergpark. Doch leider fährt weder die Straßenbahn Linie 1 bis auf Schlossniveau, noch eine Bahn zum Herkules. Deshalb fahren viele Menschen mangels attraktiver ÖPNV-Alternative mit dem eigenen Auto. Mann kann es ihnen nicht verdenken. Doch gerade bei großen Events stöhnt Bad Wilhelmshöhe unter dem Verkehr. Ein integriertes Gesamtkonzept, das bei der Erschließung des Bergparks auf das in Kassel ohnehin hervorragend ausgebaute Straßenbahnnetz setzt, fehlt bislang. Stattdessen ist ein von der Stadt bestellter Gutachter aus Aachen überzeugt, die vorhandenen Parkplatzkapazitäten durch eine Neuorganisation der Parkflächen verdoppeln zu können. Keine schöne Perspektive für den Stadtteil und den Kurbezirk und die Menschen, die hier leben und flanieren möchten.
Bild: Michael Schwab/ Förderverein Neue Herkulesbahn Kassel e.V.
Es wäre auch kommenden Ausstellungen zu wünschen, dass die großartige Kulisse der Bergparks in das documenta-Ausstellungskonzept miteinbezogen würde. Das sind Ereignisse, die dem künftigen Welterbe ganz sicher nicht abträglich sind.
Bild: Michael Schwab/ Förderverein Neue Herkulesbahn Kassel e.V.
Für über 21 Millionen Euro wird der Herkules saniert; jetzt wird sogar befürchtet, dass es ein paar Millionen mehr werden könnten. Jahrzehntelange vernachlässigte Instandhaltung fordert ihren Tribut. Dennoch ist das Geld gut angelegt, da ein kulturelles Erbe von universellem Rang vor dem Verfall bewahrt wird. Für weniger als die Hälfte der Mittel, die der Herkules verschlingen wird, könnte die Herkulesbahn realisiert werden. Stattdessen wird hartnäckig an Plänen festgehalten, auf den Serpentinen im Wald (Am Bildrand rechts) Busse fahren zu lassen, die die Endhaltestelle der Linie 1 mit dem Schloss und dem Herkules verbinden. Das nennt man dann "Nahverkehrskonzept für den Bergpark". Das wäre ein echter Schildbürgerstreich - dem Welterbe nicht angemessen und unwirtschaftlich dazu.
Bild: Michael Schwab/ Förderverein Neue Herkulesbahn Kassel e.V.
Die Besucherplattform bietet atemberaubende An- und Ausblicke. Es wäre schön, wenn Stadt und Land auch bei der verkehrlichen Erschließung des Bergparks vorausschauend planen und entscheiden würden. Bislang sieht es aber so aus, als bliebe verkehrlich alles beim Alten. Eine Beeinflussung der Verkehrsmittelwahl wird erst gar nicht erwogen. Dabei könnte allein die Straßenbahn die Innenstadt, den Bahnhof Wilhelmshöhe und den Bergpark miteinander verbinden, und das umweltfreundlich, barrierefrei und komfortabel. Lieber will man zur "internen Verkehrserschließung" Busse im Bergpark fahren lassen und die Zahl der Parkplätze erhöhen. Wünschenswert wäre indes, würden die Verantwortlichen zunächst Antworten auf die Frage geben: "Wie kommen die Menschen ZUM Bergpark und was können wir tun, damit viele Besucher umweltfreundliche Verkehrsmittel auf dem Weg dorthin benutzen?" Es geht dabei nicht um eine Gängelung des Individualverkehrs, sondern darum, eine attraktive Schienenverbindung anzubieten, die wirklich wettbewerbsfähig wäre. Den Menschen fiele die Entscheidung dann wesentlich leichter, am Wochenende auch mal auf die Straßenbahn umzusteigen, um die Gemäldegalerie zu besuchen, den Wasserspielen zu folgen oder im Bergpark und Habichtswald spazieren zu gehen.
Grafik: mhk/ Bild: Michael Schwab/ Förderverein Neue Herkulesbahn Kassel e.V.
Das Oktogon wird nicht nur saniert; künftig sollen hier auch attraktive Veranstaltungen stattfinden können. Auf Neu-Deutsch: Hier entsteht eine der geilsten Locations, die Kassel zu bieten hat. Ein Zeltdach für den Innenhofbereich schützt bei Konzerten, Aufführungen und Ausstellungen vor schlechtem Wetter. Das wird bei einer Realisierung viel mehr Publikum als bislang anziehen. Grund genug, bald mit den Planungen und dem Bau der Herkulesbahn zu beginnen. Denn es wäre zu schade, nur mit dem Auto dorthin gelangen zu können.
Bild: Michael Schwab/ Förderverein Neue Herkulesbahn Kassel e.V.
Visionen brauchen mutige Entscheidungen: Das Engagement des Fördervereins begann 2001. Stufe um Stufe ging es voran - wie hier die Treppe hinauf zur Besucherplattform des Okotogon. Von dort oben wird man bald auf die Endhaltestelle der Herkulesbahn blicken können. Wetten dass?